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Ganz nach Westen: Ein Roadtrip durch Westeuropa

Text. Elke Schönborn, Fotos: Alexander Schönborn, Reisezeit: September 2023, Camper: VW T6:1 Bustalent Camper,
Länder: Frankreich, Spanien, Portugal. Verlinkung zu schönen Campingplätzen ganz unten.

Wo sollte es in diesem Jahr hin gehen? Norwegen, Rumänien oder nach Süditalien? So viel stand noch auf unserer Bucketlist. Das Rennen hat schließlich Westeuropa gemacht. Ganz nach Westen sollte es gehen, am besten ans Cabo da Roca in Portugal. Rund 2.500 Kilometer entfernt von unserem Zuhause im Schwarzwald.

Das ist doch auch das Schöne am Reisen mit dem Camper Van – spontan zu entscheiden und zu bleiben, wo es schön ist.

Erstmal eingrooven in der Auvergne und im Lot

Anfang September ging es los und wir hatten insgesamt drei Wochen eingeplant. Sportlich für die vielen Kilometer, doch wer uns kennt, weiß, dass der Weg ja bekanntlich das Ziel ist. Den ersten Zwischenstopp suche ich immer vorher aus, da wir direkt über 700 Kilometer machen wollten und so ging es zügig durch Frankreich in die Auvergne, wo wir unterhalb des Mont Dore einen sehr schönen Standplatz mit Aussicht auf dem Camping Le Panoramique ergatterten. Schon vor fast zwanzig Jahren war ich in der Auvergne gewesen und die Region ist wunderbar zum Wandern. 
Frankreich ist gerade in den wenig besiedelten Gebieten, wie der Auvergne oder auch der angrenzenden Region Lot sehr entspannt. Von einem kleinen Dörfchen fährt man in das nächste, schnell noch ein bisschen Obst und Tomaten an einem kleinen Marktstand an der Straße gekauft und einfach so am Wegesrand ein Schlösschen entdeckt. In der Nähe von Cahors suchen wir uns einen Campingplatz (und die gibt es überall in Frankreich) und stehen in der Nacht zwischen Pinien und Eichen.

Bitte beachtet in Frankreich Folgendes in Sachen Maut: Es gibt auf einigen Autobahnen ein neues digitales Mautsystem namens „Flux libre“. Das steht auch nur auf Französisch da. Man kann sich entweder vorher digital anmelden oder an einem der Terminal an den Rastplätzen die Maut direkt entrichten.

Das Departement Lot blutet immer mehr aus, sodass die Regionalregierung und der Tourismusverband für den Zuzug auf Platzsets werben, um junge Leute anzuziehen. Also, sollte jemand Interesse haben…

Auf nach Spanien – von Bergen und Wüsten

Wie immer fällt es uns schwer, uns von der entspannten Atmosphäre im ländlichen Frankreich loszureißen. Doch so langsam sollten wir mal ein paar Kilometer machen, wenn wir unser Ziel ganz im Westen erreichen wollen. Richtung Toulouse fahren wir über die Pyrenäen bei Bielsa nach Spanien. Der direkte Weg zum nächsten Ziel in Torla-Ordesa, also dem Tor zu, Nationalpark Ordesa y Monte Perdido führt uns durch eine spektakuläre enge Schlucht – ein Hoch auf den VW Bus, denn mit einem größeren Wohnmobil wäre das kaum machbar! Doch leider ist der Weg in der Mitte der Schlucht durch einen Felsrutsch versperrt und wir müssen über eine Hochstraße zurück. Weil es schon spät ist, suchen wir uns einen Übernachtungsplatz am Flüsschen. Morgen soll es weiter gehen in die Halbwüste Bardenas Reales, die ebenfalls schon lange auf unserer Wunschliste steht. Mittlerweile sind wir auch mit dem Bus Talent – Ausbau ein eingespieltes Team und in wenigen Minuten abfahrbereit. Bett umgeklappt, Schlafsäcke und Kissen verstaut, Aufstelldach eingeklappt und los geht es. Einen Kaffee trinken wir zumeist irgendwo in einem kleinen Café.

Die Bardenas Reales sind in der Tat ein lohnendes Ziel für alle, die einmal ein bisschen Schotterpiste fahren wollen und ein klein wenig Wildwest-Feeling mitten in Europa erleben wollen. Es gibt eine Hauptroute durch den Naturpark mit den signifikanten Felsformationen. Die Karte dafür bekommt man am Informationszentrum bei Arguedas (https://bardenasreales.es/). Doch schon vorher fahren wir von der Straße ab und checken das Offroad-Verhalten unseres Twin Monotube Fahrwerks. Da es vorher geregnet hat, gibt es sogar Wasserdurchfahrten und einige knifflige Stellen, die unser Bulli dank der Höherlegung mit Bravour meistert. Gegenverkehr gibt es keinen, lediglich zwei Militärhubschrauber tauchen urplötzlich in einer Schlucht vor uns auf. Natürlich darf auch die Hauptroute mit den Instagram-Fotos nicht fehlen. Und dann einfach mal abgezweigt und auf einem Hügel ein kleines Picknick aus dem Bus gezaubert. Mittlerweile ist es Nachmittag und wir verstehen, warum die Bardenas Reales eine Halbwüste sind: Heute morgen noch recht kühl in den Bergen und nun über 35 Grad in der sengenden Sonne. Wieder zurück auf der befestigten Straße ziehen wir das Fazit, dass unser Fahrwerk und auch der Möbelbau den Wellblechpisten-Test optimal bestanden haben.

Beim nächsten Zwischenziel gen Westen gibt es das Kontrastprogramm. Wir sind in der Hauptstadt der Weinregion La Rioja, in Haro. Hier finden sich viele der großen Bodegas (Weingüter) mit zum Teil eindrucksvoller Architektur. Der Campingplatz in Haro liegt stadtnah und ist mit Pool und sehr sauberen Sanitärräumen wirklich gut. Ein bisschen Nieselregen macht uns heute nicht viel aus. Überall locken Bars, Cafés und Restaurants und im Mittelpunkt steht natürlich der Wein. Getreu dem Motto „drink with the locals“ machen wir einen Zug durch die Gemeinde und fallen danach todmüde in die Betten im Bulli.

Man ist viel zu selten am Meer

Durch fast menschenleere Regionen der Region Kastilien und León geht es nun ans Meer ins grüne Asturien. Denn natürlich wollen wir die Umrisse der iberische Halbinsel komplett machen. In den imposanten Bergwelten der Picos de Europa waren wir bereits mit Bus und Motorrad gewesen. Nun geht es weiter nach Asturien, durch das der Pilgerweg Camino del Norte führt. Durch Zufall entdecken wir einen wunderschönen kleinen Campingplatz an der Playa de Troenzo bei Llanes. Glück und einen autarken Camper muss man haben: Wir ergattern den allerbesten Platz, mit freier Sicht auf die Bucht. Urlaubsmodus an! Hier kann man es sich gut gehen lassen. Laufstrecke, Aussichtspunkte, chillige Bars, Restaurants und der regionale Gemüsestand sind im Zugriff und natürlich immer wieder das Meer und die wunderbaren Buchten. Nach drei Tagen können wir uns kaum losreißen. Und „Spoiler“ – wir wären vielleicht besser einfach hier geblieben…

Der westlichste Punkt Spaniens und das wilde Galizien

Galizien ist die nächste Region in Spanien, die wir noch nicht kennen. Diese Region erkunden wir immer auf kleinen Landstraßen an der Küste entlang mit zwei Zwischenstopps. Um „die Kurve“ erwartet uns nun der “richtige“ und wilde Atlantik. Die Landschaft mutet fast schottisch an und das Wetter ist zum Teil ähnlich. Wilde Buchten und viele Surferspots und wiederum sehr dünn besiedelte Gegenden. Und dann erreichen wir den westlichsten Punkt des spanischen Festlandes. Nein, nicht Finisterre. Cabo Touriñán ist wenig touristisch und kaum ausgeschildert. Genau deshalb erwartet uns diese einmalige Landschaft ohne Touri-Hype. (Finisterre haben wir danach auch noch angeschaut und sind aufgrund der Busgruppen umgedreht!) Eine grandiose Stimmung und der Gedanke, dass es immer weiter nach Westen über den Ozean nur noch 5.200 Kilometer bis nach New York sind.

Am späten Nachmittag checken wir in einem kleinen, etwas älteren Campingplatz ein. Hier gibt es ein authentisches Restaurant und auf der Terrasse blickt man sozusagen direkt gen Amerika. Lustigerweise heißt der Nachbarort San Francisco.

Spontan entscheiden wir uns Santiago de Compostela zu besuchen. Als „Bullipilger“ gehört das doch auf jeden Fall dazu! Wir finden einen ruhigen kostenfreien Parkplatz beim Gelände der Universität und gehen durch einen kleinen Park direkt zur Kathedrale. Die Stimmung ist auch für Nicht-Pilger durchaus besonders und wir kommen kurz vor der 12 Uhr-Messe an. Eine sehenswerte Stadt mit einer schönen Atmosphäre.

Am Nachmittag schlägt das Wetter um und wir fahren zügig Richtung Portugal. Denn schließlich wollen wir nach dem westlichsten Punkt Spaniens auch den westlichsten Punkt Europas entdecken.

Ein kurzes Gastspiel in Portugal

Der Norden Portugals erwartet uns leider mit strömendem Regen. So fahren wir auf der Landstraße immer an der Küste entlang. Viana do Castelo ist ein nettes Städtchen, wo wir Halt machen und übernachten. Nette Restaurants, Pastel de Nata, kleine Gassen und freundliche Menschen machen das Hafenstädtchen liebenswert. Und immer wieder auch hier Pilger auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela, nun auf dem Camino Portuguese. Da das Wetter noch immer nicht prickeln ist und uns die eintönigen Strände hier im Norden Portugals nicht locken, wollen wir Porto besichtigen. Schon bei der Fahrt durch die Stadt stellen wir fest, dass Lonely Planet und Instagram in dieser sehenswerten Stadt hier ganze Arbeit geleistet haben. Overtourism at it’s best – Montag morgens um elf Uhr. Wir fahren mutig über die Brücke, in der Hoffnung, dass in Vila Nova de Gaia auf der anderen Flussseite etwas weniger los ist. Hier befinden sich die Portwein Keller der Stadt und man hat die schönste Aussicht auf Porto. Nachdem wir keinen bewachten Parkplatz finden, der für Autos über zwei Meter Höhe passt, finden wir etwas oberhalb der Portwein-Meile einen großen Parkplatz und schauen uns die Caves an, Essen eine Kleinigkeit und kaufen natürlich Portwein.

Bei der Rückkehr kommen das böse Erwachen und die Quittung für unseren heutigen Leichtsinn: Denn das Böse ist immer und überall. Nach über 35 Jahren Camping ohne jeglichen kriminellen Zwischenfall, hat es uns jetzt auch erwischt. Unsere Scheibe in der Schiebetür wurde eingeschlagen. Doch da wir die Banditen auf frischer Tat ertappt haben, konnten sie nichts klauen. Unsere Wertsachen hatten wir eh alle mitgenommen. Die Burschen haben Fersengeld gegeben und zum Glück die körperliche Auseinandersetzung gescheut. Blöderweise ist dies nun maximal weit von zu Hause passiert und ohne Scheibe noch knapp 2.500 Kilometer zurückzufahren wird schwierig. Ein großes VW-Autohaus, das wir aufsuchen, braucht angeblich drei Wochen, um eine Seitenscheibe zu besorgen. Also mithilfe eines findigen portugiesischen Glassdrive-Mannes eine wunderschöne doppellagige Folien-Ersatzscheibe gebaut und mit Panzerband aus dem Baumarkt einen Rahmen gebastelt.

Moral von der Geschichte, auch ohne Wertsachen im Auto, nie länger in „Touri-Hotspots“ (in unserem Fall, Porto) den Bulli aus den Augen lassen. Sowie: Folienscheiben sind besser als man denkt.

Das Beste draus machen auf dem Weg zurück nach Osten

Doch was tun? Wir können nun den Bulli nicht mehr stehen lassen und einer muss immer am Auto bleiben. Wir wollen nun eher ländlich stehen auf kleineren Campingplätzen, um sicher nach Hause zu kommen. Doch zunächst wollen wir nur noch eines – raus aus der Stadt. Wir fahren über Landstraßen immer nach Osten in Richtung spanische Grenze. Einen kleinen ruhigen Campingplatz finden wir am Abend im Thermenort Amarante für schlappe zehn Euro. Durch den sehenswerten grünen Norden Portugals geht es zurück nach Spanien und hier nun relativ zügig quer durchs Land. Bei Vitoria-Gasteiz im spanischen Baskenland machen wir nochmal einen Stopp in einer sehr schönen Region.

Die ganze Anspannung der letzten zwei Tage fällt langsam von uns ab und wir beschließen, diesem negativen Erlebnis nicht zu viel Raum zu geben. Deshalb gönnen wir uns einen Tag am Meer. Die französische Atlantikküste kennen wir zwar bereits gut, aber immer wieder sind wir begeistert von der Weite der Strände und dem feinen Sand. Danach noch ein Zwischenstopp im Burgund bei einem Schlosscamping. Hier gibt es als Abschlussessen stilecht Boeuf Bourguinon – als Take away im Bulli zu verzehren.

Unser Fazit:

Statt drei Wochen hat unsere Reise ganz in den Westen nun aus erfindlichen Gründen nur zwei Wochen gedauert. Das Cabo da Roca bleibt also ein Ziel. Wir haben für uns unbekannte Regionen gesehen, viele freundliche Menschen kennen gelernt und positive Dinge erlebt. Durch den Zwischenfall und unsere provisorische Scheibe geriet unsere Reise dann auf der Rückfahrt zum wirklichen Roadtrip.

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